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Thomas Milz (links) und Peter Theisen (Mitte) interviewen Margarida Tenharin Kagwahiva in der Comunidade Mafuí. Fotos: Jürgen Escher
Da staunt das Team aus Deutschland, das seit zwei Tagen unterwegs im Gebiet der Tenharim am Amazonas ist, als plötzlich ein junger Mann mit einem schicken T-Shirt der WM 2014 mit dem Aufdruck Alemania auftaucht. Als hätten er und sein Vater geahnt, dass hier Deutsche unterwegs sind, zieht sich flugs der alte Herr die Federkrone auf, Pfeil und Bogen an und führt die staunende Gruppe der Besucher mit Kampfgebrüll in die Jagdkultur seines Volkes ein.
Die Tenharim, heute ein Volk von ca. 1.000 Menschen – früher sollen es bis 30.000 und mehr gewesen sein – nennen sich in ihrer eigenen Sprache Pyry. Das heißt, schnelles und kleines Volk. Verteilt auf Dörfer von jeweils 60 bis 70 Familien, in der Nähe des Rio Marmelos, einem Seitenarm des Amazonas, stehen ihre Holzhäuser mit Palmendächern. In jedem Dorf gibt es bilingualen Schulunterricht, in denen auch die Kultur der Tenharim vermittelt wird, einen Gesundheitsposten, die meisten Siedlungen haben Strom und Wasser.
Die Idylle täuscht
Wir werden in den sieben Dörfern, die wir mit dem CIMI-Bischof Dom Roque, Elmira, Laura und Valmiro vom CIMI-Büro Rondonia besuchen, freundlich, ja sogar mit großer Hochachtung und Herzlichkeit von dem jeweiligen Kaziquen des Dorfes begrüßt. Aber die Idylle täuscht: Seitdem sich die Transamazonica seit 1970, die große Ost-West-Verbindung von der Küste Brasiliens Richtung Grenze Peru Jahr für Jahr weiter durch den Amazonas bohrt, durchschneidet sie wie ein rotes Band den dichten Urwald und somit das Gebiet der indigenen Völker.
Die Tenharim können nicht mehr ungestört im Amazonas jagen und Fische fangen. Die große Straße brachte zwar den Fortschritt in Form von Infrastruktur, aber es kamen auch die Holzfäller, die Fazenderos mit dem Aufkauf von Land für die Rinderherden und den Anbau von Soja in Monokultur und die Drogenhändler. Die Tenharim erleben täglich, dass ihr Land besetzt wird, die Flüsse durch Pestizide verseucht werden und ihr Lebensraum immer mehr durch die wachsenden Farmen um ihre Dörfer herum eingeschränkt wird.
Eindringlicher Apell an das deutsche Team
Laut CIMI (Conselho Indigenista Missionario), dem Indianer-Missionsrat der brasilianischen Kirche und einem der wichtigsten Partnerorganisationen von Adveniat, werden die Tenharim regelrecht kriminalisiert, weil das Interesse an ihrem Land groß ist. Nicht nur wegen des wertvollen Holzes, sondern auch die Rohstoffe unter der Erde und die Planungen von neuen Wasserkraftwerken zur Energiegewinnung machen das Land für in- und ausländisches Kapital interessant.
So richtet Dona Margarita, die Frau eines Kaziquen einen eindringlichen Appell an das deutsche Team: „Berichtet in Deutschland über unsere Situation hier, macht Druck auf eure Regierung, damit sie hier mit den Mächtigen spricht. Für uns Tenharim ist die Erde heilig, sie ist keine Ware. Ohne unsere Erde sind wir nichts. Hier wollen wir leben, entsprechend unserer Kultur und unseren Bräuchen.“
Der Beitrag Brasilien: Zu Besuch bei den Tenharim-Indigenen erschien zuerst auf Adveniat Blog.